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AMS klagt an! Von Automobilherstellern finanzierte Blogger …

ams-bezahlte-bloggerJens Katermann ist der Chefredakteur der „auto, motor und sport“, aktuell Nummer zwei der deutschen Automobil-Print-Publikationen. Im Sonderheft, das der aktuellen Ausgabe der AMS beiliegt, erklärt er seinen Lesern die Wichtigkeit von unabhängigen Autotests. Dabei ist er sich auch nicht zu Schade, mal eben einen Oliver-Kahn-Karate-Tritt in Richtung Blogger zu starten. Und ich hatte gedacht, dass wir uns spätestens seit Anfang 2015 darauf geeinigt haben, dass sowohl die klassischen als auch die Online-Medien alle ihren Platz haben und es hüben wie drüben eben gute und schlechte Publikationen gibt.

Aber nein, Herr Katemann will austeilen. Und ich frage mich, welche Angst Herrn Katemann bewegt hat, dann auch wirklich auszuteilen. Denn wir schon in den Wind pinkelt, darf sich doch nicht wundern, wenn etwas zurückkommt. Herr Katemann schreibt also: „Es ist schon erstaunlich, wer sich im Internet alles Autotester nennt. Gibt man irgendein Fahrzeugmodell plus das Wort „Test“ bei Online-Suchmaschinen ein, finden sich Hunderte sogenannter Testberichte. Nur noch die wenigsten Einschätzungen der Schreiber stützen sich dabei auf eigene Messwerte.“

Nun, Herr Katemann. Vielleicht besuchen Sie mal ihre Online-Redaktion und lassen sich von einem ihrer zahlreichen SEO-Spezialisten erklären, wie das denn nun läuft mit diesen „Online-Suchmaschinen“. Zumindest laut dem Duden.de ist Test als „nach einer genau durchdachten Methode vorgenommener Versuch, Prüfung zur Feststellung der Eignung, der Eigenschaften, der Leistung o. Ä. einer Person oder Sache“ definiert. Ich kann mich auch ganz grob irren, aber ich verstehe es so, dass es darum geht, bestimmte Eigenschaften einer Sache zu prüfen – unerheblich ist dabei wohl längst welche. Das Gespräch mit seiner Online-Redaktion sollte Kollege Katemann auf jeden Fall suchen.

Denn da sehe ich auf der Seite http://www.auto-motor-und-sport.de/vw/tiguan/tests/ unter der Überschrift „TEST“ den Fahrbericht zum neuen Tiguan des AMS-Kollegen Marcus Peters. Mir suggeriert dies durchaus, dass die AMS einen Test des neuen Kompakt-SUV mit der Überschrift „Fahrbericht“ an die lesenden Kunden bringen will. Interessant finde ich hierbei, dass ich mit dem Kollegen bei der Fahrveranstaltung zugegen war. Ich hatte ihn selbstredend nicht die ganze Zeit im Blick, denn wir haben ja alle unseren Content produziert. Und wenn ich jetzt den Test .. hoppla .. Fahrbericht, Verzeihung, selbst lese und nur ein Beispiel herausgreife, dann kommt es mir so vor, als würde die AMS genauso mit den Pressetexten der Hersteller arbeiten, wie all die bösen Kollegen, die Herr Katemann in seinem Vorwort angreift:

„… die Karosserie des Tiguan mit 4-Motion-Antrieb elf Millimeter höher liegt als diejenige des Fronttrieblers und samt so genannter Offroad-Frontpartie 25,6 statt 18,3 Grad Böschungswinkel bietet. Wesentlich interessanter dürfte für künftige Käufer allerdings sein, dass ihr allradgetriebenes SUV eine Anhängelast von 2.500 Kilogramm bewältigen kann sowie gegen Aufpreis (ab 340 Euro) das Rückwärts-Rangieren mit Anhänger nahezu selbständig übernimmt.“

  • Bei der Fahrveranstaltung waren nur 4MOTION-Modelle verfügbar, die Angabe der Bodenfreiheit kann also nicht auf eigenen Messwerten beruhen, sondern stammt vermutlich aus der Pressemitteilung.
  • Bei der Fahrveranstaltung waren nur Modelle mit der Offroad-Front verfügbar, die Angaben des Böschungswinkel konnten also meines Wissens nicht nachgemessen werden.
  • Bei der Fahrveranstaltung war meines Wissen kein Modell mit Anhängerkupplung verfügbar, demzufolge war meines Wissen auch kein Fahrzeug mit dem Anhänger-Assistent verfügbar. Demzufolge können diese Informationen auch bestenfalls aus der Pressemitteilung entstammen.

Wenn man sich als Chefredakteur schon mit Wortklauberei befassen möchte, dann sollte man sich auch sicher sein, dass man nicht die eigenen Leute trifft. Aber es geht noch weiter. Herr Katemann ist mit seinem Rundumschlag längst noch nicht fertig: „Neu: vom Autoherstellern finanzierte Blogger die nichts anderes tun, als diese Hersteller ins rechte Licht zu rücken. Eine gefährliche Entwicklung der automobilen Medienlandschaft, wie ich finde.“

Ich gestehe. Ich bin sehr interessiert. Zu gerne würde ich wissen, von welchen schwarzen Schafen der gute Herr Katemann hier spricht. Und ob es sich denn überhaupt um schwarze Schafe handelt. Die Aussage des AMS-Chefredakteur klingt in meinen Augen ebenso polemisch wie „Die Autozeitungen sind doch alle von Hersteller XY gekauft.“ Hier würde ich mir doch mal einen Artikel wünschen, in dem Ross und Reiter benannt werden. Hersteller wie Blogger. Ich denke, dass ich einen ganz guten Einblick habe in unsere Szene. Habe ich da etwas übersehen? Diese Entwicklung – wenn es sie denn überhaupt real gibt – finde ich als Blogger und Youtuber ebenso bedenklich wie der Kollege. Aber wie gesagt. Ein paar dahingeschriebene Behauptungen machen noch lange keine Fakten – und gerade auf die Fakten ist die AMS doch laut Herrn Katemann so stolz.

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