„Arbeiten, wo andere Urlaub machen!“ ruft mir ein Kollege zu. Ein paar Stunden später sitze ich im Flieger von München nach Kapstadt. Porsche hat mich eingeladen, den neuen Panamera E-Hybrid und den 911 GTS zu fahren. Ich jammere ja recht gerne, an dieser Stelle halte ich mal ganz bescheiden, meinen Mund. An dieser Stelle präsentiert sich mein Job eindeutig von seiner sonnigsten Seite. Selbst der lange Flug – 11 Stunden von München aus gerechnet – ist eigentlich kein Problem, denn man fliegt während der Nacht und bei gerade mal einer Stunde Zeitverschiebung von Kapstadt zu Bielefeld hat auch mein alter Freund das Jetlag so ganz und gar nichts zu melden. Und während man bei der Einreise in die USA ja auch gut und gerne mal bei Immigration und Zollabfertigung verbringen kann, ist das Prozedere in Kappstadt inkl. Koffer öffnen beim Zoll innerhalb von 15 Minuten gemeistert, so dass ich schon kurz nach der Landung bei sommerlichen 22°C in den blauen Himmel Südafrikas schauen kann. Auf dem Weg ins Hotel sehe ich zum ersten Mal den Tafelberg und verliebe mich sofort. Später im Hotel bleibt der Berg stets präsent und immer wieder kann ich beobachten, wie sich Wolken über seine Kante schieben und dann den Weg nach unten suchen, fast wie ein Wasserfall. Ein Naturschauspiel, was mir nie langweilig werden wird.
Von Kapstadt selbst sehe ich in den 48 Stunden nur wenig. Oder besser: Kapstadt sehe ich mir von der Autobahn aus an. Diese präsentiert sich im Übrigen mit gutem Asphalt und Tempolimits zwischen 80 und 120 km/h. Wider Erwarten fällt mir die Umstellung auf den Rechtsverkehr mit unseren Linkslenker-Porsche überhaupt nicht schwer und so kann ich während unserer Fahrten doch öfter mal den Blick schweifen lassen. Am ersten Abend haben wir einen sehr aufgeschlossenen Shuttle-Fahrer, der an der Grenze zu Botswana aufgewachsen ist, nun aber frisch vermählt mit einer Schottin in Kapstadt lebt. Er bringt uns zum im Osten von Kapstadt liegenden Weingut Uva Mira, welches dem südafrikanischen Porsche-Importeur gehört, der uns zum Abendessen eingeladen hat.
Die Südafrikaner teilen die Bevölkerung in Schwarze, Weisse und Farbige. Farbig ist alles, was nicht schwarz oder weiss ist. Seit dem Ende der Apartheid gibt es keine reine Schulen für Weisse mehr, allerdings gibt es diverse Schulen an den nur Weisse oder auch nur Weisse unterrichtet werden – allein durch die umliegende Gegend. Von teilweise sehr massiven Zäunen umrandete Townships flankieren die Autobahn, die sich durch Kapstadt zieht. Oft sind es die klassischen Wellblechhütten, die man „aus dem Fernsehen kennt“. Dazwischen aber immer mal wieder kleine Häuser, teilweise noch in der Bauphase. Die Regierung versucht, die Zustände in den Townships zu verbessern, so baut sie dort jetzt diese kleinen Häuser. Die für unsere deutschen Verhältnisse sehr abenteuerliche Stromverteilung innerhalb der Townships lassen mich fragen, wie hier die Stadtwerke denn abrechnen würden. Gar nicht, erfahre ich. Die Regierung stellt den Strom kostenlos zur Verfügung. Auch das Heer an Satellitenschüsseln ist auffällig. Die Zäune begrenzen die Ausbreitung – sonst würden sie die Hütten auch direkt auf die Autobahn bauen.
Die Generation seiner Eltern, ich schätze das Alter des Fahrers auf Ende 20, wäre noch sehr rassistisch in ihrem Denken. Er selbst sei aber mit Schwarzen und Farbigen zur Schule gegangen und hätte viele Freunde, die nicht weiss wären. In den nächsten Wochen möchte er sein Elektrotechnik-Studium beenden und dann möglichst schnell nach England gehen. Nicht auswandern, sondern Geld verdienen, um dieses dann in Südafrika zu investieren. Zwei Firmen möchte er gründen. Aber es sei zu schwierig, das benötigte Geld vor Ort zu verdienen. So würde es viele junge Südafrikaner machen. Als wir weiter nach Osten vorstossen, wird die Umgebung ländlich. Geprägt von Feldern und Weinreben. Toyota und Volkswagen sind die dominierenden Marken auf der Strasse. Der Polo von Volkswagen ist das populärste Auto Südafrikas. Zumindest wohl für die weisse Bevölkerung. Ich habe schon lange nicht mehr so viele VW Golf I gesehen, meist mit einer farbigen Person hinter dem Lenkrad.
Für mich als Deutschen auffällig, wie penibel sich die Südafrikaner an die Tempolimits halten. Die Qualität der Strassen – also auch der Land- und Bundesstrassen – ist durchweg sehr gut. Die Breite der Strassen entspricht nahezu amerikanischen Verhältnissen. Eine Tempoüberschreitung von 10 km/h kostet 1.500 Rand (also gut 100 Euro). Bei einem Einkommen von 5.000 Rand pro Monat (unteres Einkommen in Kapstadt) eine ganze Menge Geld. Polizeikontrollen sehe ich in meiner Zeit vor Ort nicht, auf Tempokontrollen wird aber auch mit Schildern hingewiesen. Generell zeigt sich der Kapstädter aber als äusserst entspannter und rücksichtsvoller Fahrer.
Ich gestehe, ich habe mich zum Zeitpunkt meiner Abreise ein wenig um meine Sicherheit gesorgt. Auch gab es den freundlichen Hinweis der Veranstalter, wir mögen doch bitte auch beim Cabrio und targa stets die Fenster oben lassen, da das Stehlen von Dingen aus dem Auto an der Ampel nicht ungewöhnlich wäre. Auch Carjacking wäre immer noch ein Problem in Südafrika, was auch der Fahrer bestätigte. Mit diesen Ansagen im Hinterkopf, ist mir am zweiten Tag an einer roten Ampel stehend auch fast das Herz in die Hose gerutscht, als sich ein schwarzer Lenker eines ramponierten Pickups mit dem halben Körper aus dem Seitenfenster lehnt und mich anbrüllte … „Nice car! I love it!“ Diese Reaktion war nur eine von vielen Positiven , die uns die Südafrikaner – gleich welcher Hautfarbe – an den zwei Tagen entgegen gebracht haben. So etwas habe ich in Deutschland bislang allenfalls erlebt, wenn ich mit dem Citroen DS unterwegs war.
Am Tag unserer Ankunft sind wir nachmittags mit dem Panamera E-Hybrid über die Kap-Halbinsel südlich von Kapstadt gefahren. Am Morgen des zweiten Tages ging es dann mit dem Porsche 911 targa 4 GTS zunächst über fast menschenleere Strassen zum Killarney Race Track, einer 3,3 km kurzen Rennstrecke aus den 60iger Jahren mit langen Geraden und engen Kurven. Auf dem Vorplatz haben wir das Review zum Porsche 911 targa 4 GTS abgedreht und auch 6 Runden auf der Strecke selbst fahren dürfen, die mit der Cape Town Corner sogar eine leichte Steilkurve mit sich bringt.
Von dort sind wir dann gen Osten nach Paarl gefahren. Nach einem kurzen Stop ging es weiter gen Südosten nach Franschhoek und über die R45 als wunderschöne Passstrasse (absolute Empfehlung!) wieder zurück durch das Hinterland nach Kapstadt. Zwar hatte der Porsche, nicht zuletzt wegen dem vorherrschenden Tempolimit, kaum Chancen, sein wahres Potential zu zeigen. Aber das hatten wir ja schon auf der Rennstrecke erahnen können. So waren es 200 km wahre Augenfreude. In Sachen „schöne Strassen“ will ich nicht unerwähnt lassen, dass mich aus ganz unterschiedlichen Quellen der Chapman’s Peak Drive empfohlen worden ist. Da sind wir am ersten Tag entlang gefahren. Schon schön dort, aber bei einem Tempolimit von 40 km/h nicht ansatzweise so lustig zum Fahren wie die vorgenannte Passstrasse.
Nicht verschweigen möchte ich noch, dass man sich in Kapstadt ganz herrlich verbrennen kann. Zumindest, wenn man sich besonders dumm anstellt. Na, wie ich eben. Einen ganzen Tag im Porsche Targa mit offenem Dach unterwegs zu sein, das kann man schon machen. Sich dabei aber nicht mit Sonnencreme ordentlich einzuschmieren ist mehr als nur fahrlässig. Ich bekomme eigentlich eher selten einen schlimmen Sonnenbrand – in Kapstadt hat sich das geändert. Ich war nicht aufgebrannt, wie ich gerne zu sagen pflege. Ich habe mich verbrannt. Die Aussentemperatur lag nur bei 22°C, was wohl aber dem steten Lüftchen geschuldet war, der die stechende Sonnenkraft ein wenig gemildert hat. Zwar hatte ich die ganze Zeit ein Cap auf, aber ich habe mir so fürchterlich die Ohren verbrannt, dass ich noch heute davon zehre. Meine Haut hat nicht nur sprichwörtlich Wellen geschlagen, wie die Panade eines Wiener Schnitzels im heissen Fett.
Bei meinem nächsten Afrika-Einsatz werde ich mich mit einem vernünftigen Indiana-Jones-Hut ausstatten und mich auch tatsächlich mit Sonnencreme einschmieren. Und das ist mal kein Lippenbekenntnis.
Am Ende des zweiten und letzten Tages durften wir den Sonnenuntergang vom Dach des Media24-Gebäudes am Hafen von Kapstadt bewundern. Idealer Weise fährt man dafür zum Signal Hill hinauf, denn die Sonnenuntergänge in Kapstadt sind eines der Markenzeichen dieser Stadt. Wir hingegen durften mit ansehen, wie sich die Sonne, langsam zwischen Tafelberg und Signal Hill verabschiedete und den Himmel in wunderschöne Farben tünchte. Natürlich hatte ich keine Kamera dabei und die iPhone-Bilder werden diesem Naturschauspiel einfach nicht gerecht. Allen, die in Kapstadt ein Event organisieren, kann ich die Dienste des Oysterking empfehlen, der in Form von Chris uns nicht nur mit leckeren, frischen Austern versorgt hat, sondern ebenfalls ein paar interessante Informationen zu Land und Leuten zu seinem Besten gab.
Leider wollte mein Körper, die Verbrennungen nicht so einfach wegstecken. Am nächsten Morgen habe dann meine System mir unmissverständlich nahegelegt, doch die Zeit bis zum Abflug mal ganz entspannt im Hotelgarten zu verbringen. Ich glaube nicht, dass es an den Austern lag, die mir auf den Magen geschlagen sind, sondern einfach nur an meiner Unvernunft.
Ich möchte auf jeden Fall noch ein (paar) mal nach Kapstadt. Spannend fände ich auch einen Roadtrip von Kapstadt nach Durban. Das wären – wenn man sich stets nah am Meer bewegt um die 1.700 Kilometer. Die reine Fahrzeit von 21 Stunden sollte man locker in einer Woche bewältigen können. Der besagte Shuttle-Fahrer wollte so ähnliche seine Flitterwochen verbringen.
Ich möchte gerne reisen und das werde ich auch, aber meine Flitterwochen möchte ich in Südafrika verbringen. Wir leben hier in einem so wunderschönen Land.