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Wie die Lufthansa mir die Lust am Fliegen nahm

Ich bin beruflich Vielflieger. Ich habe seit 2013 durchgehend den Status des „Senators“ bei dem Vielflieger-Programm Star Alliance. Die Lufthansa ist eine der stärksten Airlines in diesem Programm. Ein ganze Weile fand ich es extrem schick, ein Vielflieger zu sein. Aber der Lack ist ab.

Wer sich als beruflicher Vielflieger den Status schön redet, hat meines Erachtens unlängst den Kontakt zur Realität verloren. Fliegen ist spätestens seit dem Ende von Corona nur noch ein lästiges Übel. Wer Vielflieger bei der Lufthansa ist, möchte seinen Status nicht verlieren. Das ist verständlich. Bietet er doch einige Vorteile, die für den Vielflieger wichtig sind.

In diesem Beitrag erkläre ich die Vorteile eines Vielflieger, zeige auf, warum sie speziell bei der Lufthansa und den Partnern des Vielflieger-Programms StarAlliance kaum noch etwas wert sind und gebe neuen Vielfliegern Tipps

Die Vorteile eines Vielfliegers bei der Lufthansa

Wenn ich in den Urlaub fliege, dann mag es ok sein, wenn man 3 Stunden vor Abflug am Flughafen eintrifft, seine Koffer eincheckt, durch die Security schlendert und dann noch einen vollkommen überteuerten Kaffee im Abflugbereich trinkt. Für jemanden der pro Woche zwei Mal oder mehr fliegt, ist das undenkbar.

Du möchtest kurz vor Boarding am Flughafen ankommen, durch die Security huschen (viele Flughäfen haben sogenannte Fastlanes, in denen man eine kürzere Warteschlange hat), mit Handgepäck reisen (auf den Koffer zu warten nach dem Flug kostet in der Regel mindestens 30 Minuten, die Zeit hat der Vielflieger nicht) und dabei nicht angesprochen werden, wenn man zwei Handgepäckstücke mit sich führt (was als Vielflieger, zumindest als Senator, geduldet wird). Und wenn man schon mal an den Schalter muss (Vielflieger nutzen ausnahmslos die Lufthansa.app und haben selten Papiertickets, man muss aber schon dazu sagen, dass die App, seit es sie gibt, unfassbar langsam ist und auch gar nicht aktuelle Ereignisse anzeigt), dann steht man am FirstClass-Schalter, wo die Schlange in der Regel sehr kurz ist und die Servicekräfte besonders freundlich sind.

Hinter der Security findet sich dann in der Regel eine Lufthansa-Lounge, die man kostenfrei besuchen kann (im Europäischen Ausland oft nur, wenn man Senator ist oder den Goldstatus einer anderen StarAlliance-Airline hat). Hier kann der Vielflieger kostenlos Essen und Trinken. Zudem kann man in der Lounge fernab des Trubels an den Gates ganz gut arbeiten und hat einen kostenlosen und schnellen Internet-Zugang. Beim Einchecken darf man dann als Vielflieger als einer der ersten den Flieger betreten und hat dann keine Problem sein Handgepäck in den Staufächern unter zu bringen. Auch ist die Sitzplatz-Wahl kostenlos und für Vielflieger werden die ersten paar Sitzreihen hinter der Business-Class freigehalten. Wer sich den Senator-Status erfolgen hat, darf darauf hoffen, dass der Platz neben ihm frei bliebt. Sitzen zwei Senatoren in einer Dreierreihe, bleibt meist der Mittelplatz frei, so dass man ähnlich viel Platz zum Arbeiten hat wie mit einem Business-Ticket.

Vielflieger werden zudem bevorzugt behandet, wenn Flüge ausfallen. Bei überbuchten Fliegern müssen sie nicht um ihre Mitnahme bangen. Wird der eigentliche Flug annuliert, kann man davon ausgehen, dass man auf der nächsten Maschine nach Hause fliegen kann.

Soweit die Theorie. Und wie es bis zur Corona Pandemie gehandhabt wurde.

Warum die Vielflieger-Vorteile bei der Lufthansa kaum noch etwas wert sind

Als während der Corona-Pandemie das Fliegen quasi eingestellt worden ist, waren viel Airlines nahe dem Bankrott und konnten nur mit Staatshilfe überleben. In diesem Zuge wurden Stellen abgebaut und Arbeitsbereiche ausgelagert. Zudem wurde der Flugplan arg zusammen gestrichen und wird es noch. Damit sind auch einge der Vielflieger-Vorteile der Lufthansa quasi nichts mehr wert.

Durch das Zusammenstreichen des Flugplans, sind die Flüge häufig ausgebucht. Als Beispiel: Vom Flughafen Halle/Leipzig (LEJ) konnte man bis zum Sommer 2024 noch die beiden Lufthansa Drehkreuze München und Frankfurt anfliegen. Die Verbindungen nach München wurden ersatzlos gestrichen. Wer also von Leipzig nach München möchte (bislang geb es 27 Verbindungen pro Woche), fliegt über Frankfurt. Jeder der von Leipzig aus weiterfliegen möchte, sitzt nun im Flieger nach Frankfurt. Zum Winterflugplan 2024 wird die Verbindung von Münster nach Frankfurt gestrichen. Alle weiterführenden Flüge kann man also künftig nur noch über München erreichen oder man fliegt eben über München nach Frankfurt und von dort aus in die Welt. Grundsätzlich kann man aber festhalten, dass viele Flugverbindungen zusammengestrichen worden sind. Flog früher die Lufthansa eine Destination 3-4 mal am Tag an, sind es heute eher 2-3 Mal oder noch weniger. Begründet wird dies durch Probleme des Flugzeugtype Airbus Neo 320. Die Lufthansa hat weniger Flugzeuge zur Verfügung und streicht nun nicht lukrative Flugverbindungen.

Dies hat zur Konsequenz, dass die Flüge regelmäßig ausgebucht sind. Somit kann das Privileg des freien Nebenplatzes eines Vielfliegers nicht mehr umgesetzt werden. Auch der Senator sitzt in einer vollen Dreierreihe. An Arbeiten ist so nicht mehr zu denken. Bei zwei von drei Flügen erhält man mittlerweile eine E-Mail, dass man das Handgepäck kostenlos aufgeben dürfte. Soll heissen, dass der Flieger ausgebucht ist. Die Kulanz gegenüber den Vielfliegern, auch mit einem Economy-Ticket zwei Handgepäckstücke mitzuführen, schwindet.

An machen Flughäfen wie in Hannover hat man mittlerweile die Fastlane abgeschafft. Der schnelle Zugang zur Security abseits der Ferienflieger ist nicht mehr möglich. Stattdessen darf der berufliche Vielflieger bestaunen, welche und wie viele Flüssigkeiten die Touristen mit in den Flieger nehmen möchten. Zum Teil ist es vollkommen unberechenbar, wie lange man an der Security warten mussen (es gibt auch prositive Beispiele wie Frankfurt oder Münster, wo es immer noch Fastlanes gibt. Allerdings scheint hier die Rechtslage ganz genrell kritsch zu sein, wenn man dem Artikel auf LTO Glauben schenken darf: „Der BGH hat längst klargestellt, dass die erkaufte zeitliche Bevorzugung bei einer Verwaltungstätigkeit als pflichtwidrige Ermessenshandlung und damit als Bestechung einzustufen ist (Urt. v. 08.11.1951, Az. 3 StR 822/51). Später hat er dies ausdrücklich auf Grenzkontrollen bezogen und Zahlungen an Zöllner als Gegenleistung für eine vorrangige Abfertigung für korruptiv erklärt (Urt. v. 31.05.1983, Az. 1 StR 772/82). Premium-Passagiere per Fast Lane zeitlich vorzuziehen, ist eine solche strafbare Beschleunigungskorruption. Denn hier wird einem Amtsträger ein Vorteil als Gegenleistung für eine pflichtwidrige Handlung gewährt.“ Ich frage mich indes, welchen Amtsträger ich denn da korruptiere, sind doch die Security-Kontrollen längst in privaten Händen? ).

Aufgrund des zusammengestrichenen Flugplans gibt es kürzere Stoßzeiten in den Flughäfen. Zu diesen Stoßzeiten sind die Lounges mittlerweile unangenehm überfüllt. Selbst in den speziellen Senatoren-Lounge findet man nunmehr kaum noch einen Platz zum Sitzen oder gar Arbeiten. Grundsätzlich kann man festhalten, je kleiner der Flughafen, umso voller die Lounge. Aber auch in Frankfurt findet man morgens und abends kaum noch ein freies Plätzchen.

Auch wird man heute als Vielflieger auch nicht besser behandelt, wenn es um Flug-Stornierungen geht. Die Lufthansa meint, dass sie den Reisenden ja eine ganz tolle App zur Verfügung stellt, auf die sie nunmehr auch bei jeder Landung durch die Flugbegleiter hinweisen lässt. Die Erwartungshaltung der Airline dahinter ist wohl offensichtlich, dass man sich noch mehr Service-Personal einsparen kann. Die Lufthansa.App ist für Vielflieger aber mehr oder weniger nutzlos bei Flugausfällen. Der Chat-Bot hat keinerlei Intelligenz. Fällt ein Flug von Müchen nach Hannover am Abend aus, bietet der Chat-Bot lediglich Verbindungen am nächsten Tag an. Alternative Flughäfen wie Hamburg oder Bremen werden nicht angeboten, obschon diese einfach mit einem Mietwagen innerhalb einer Stunde angefahren werden können.

Als Senator hat man eine spezielle Hotline, die Support leisten soll. Die Erreichbarkeit der Hotline ist in den letzten Jahren deutlich besser geworden. Man hängt nicht mehr ewig in der Warteschleife. Die Qualität der Hilfe bzw. der Mitarbeiter der Senator-Hotlineist mittlerweile oft sehr schlecht. Zuletzt wurde mir ein Flug von MUC nach HAJ storniert, wähernd ich in Barcelona auf meinen Flug nach München wartete. Die Dame an der Service-Hotline wollte mich nicht auf MUC – FMO umbuchen, bzw sagte mir, das würde nicht gehen. Im Anschluss habe ich bemerkt, dass ich mir ein Ticket für den Flug hätte kaufen können. Erst beim zweiten Anruf hatte ich eine qualifizierte Mitarbeiterin am Aparat, die mich problemlos umgebucht hat. Noch besser wäre es wohl gewesen, wenn sie mir auf Barcelona – Frankfurt – Hannover umgebucht hätte, da die Maschine auch noch in BCN stand.

Später in München gelandet, war mein Flug von MUC nach HAJ aufgrund der Verspätung der Maschine aus Barcelona ohne mich abgeflogen. Die App verhielt sich allerdings so, als wäre ich an Bord gewesen und hat mir auch keine weitere Umbuchung angeboten. Der gebrochen deutsch sprechende Mitarbeiter der Hotline war ausser Stande mich auf die frühste Maschine nach Hannover am Folgetag zu buchen und wurde auch noch unverschämt als ich ihm meine Verwunderung ausdrückte, dass ich als Vielflieger keinen Platz auf der Maschine hätte. Ganz unabhängig davon fand ich es bemerkenswert schlecht, dass die Lufthansa-Lounges an diesem Abend in München pünktlich um 22 Uhr schlossen, obwohl aufgrund schlechten Wetters diverse Flüge am Abend gestrichen worden waren und somit mehrere hundert Passagiere auf Hilfe hofften, darum bestimmt auch eine ganze Menge Status-Kunden wie ich.

Warum ich privat nicht mehr Lufthansa fliegen möchte

Vor der Corona-Pandemie bekam man auch als Passagier der Economy je nach Fluglänge zumindest ein Sandwich serviert. Dazu ein Getränk. Heute bekommt man selbst auf einem drei Stunden Flug (z.B. Frankfurt oder Müchen nach Lissabon) bei der Lufthansa nur noch eine kleine Flasche Wasser und ein Stück Schokolade. Schlimmer habe ich das bislang nur bei der StarAlliance-Airline TAP Portugal erlebt, bei denen man nicht mal mehr einen Becher Wasser umsonst auf der Wegstrecke bekommt. Es gibt quasi keinen Service mehr an Bord. Dagegen stehen dann erhöhte Ticketpreise. Gerade der Service auf der Kurzstrecke ist bei KLM oder Air France deutlich freundlicher. Hier gibt es neben einem Kaffee oder einem Kaltgetränk auch noch eine Stulle.

Es ist geradezu bizarr, dass die Lufthansa mittlerweile wieder Milliarden Gewinn erwirtschaftet, die Passagiere aber mittlerweile wie bei einer Billig-Airline behandelt werden. 2023 hat Lufthansa das drittbeste Ergebnis der Unternehmensgeschichte eingeflogen. Das ist kein Wunder. Ein zusammengestrichener Flugplan sorgt für voll ausgebuchte Flieger, die nicht wieder aufgestockte Personaldecke für geringere Personalkosten. Natürlich kann man so fein Gewinne erwirtschaften. Die Frage ist nur, wann auch der letzte Reisende erkannt, dass er heuer genau so gut, aber deutlich preiswerter andere Airline fliegen kann.

Zuletzt hatte ich eine Business-Buchung nach Shanghai. Ich habe versucht mit den sogenannten Vouchern meinen Flug zu upgraden. Für jedes erneute Erreichen des Senator-Status belohnt die Lufthansa den Vielflieger mit zwei Vouchern. Mit einem Voucher kann man einen kontinentalen Flug upgraden, wenn er nicht in der billigsten Klasse gebucht worden ist und in dem Flieger genügend Plätze frei sind. In vier von fünf Fällen ist ein Upgrade mit Vouchern in der Post Corona Zeit nicht möglich. Und wenn man versucht am Gate-Schalter Voucher einzusetzen, dann werden einem idR Prämien-Meilen abgezogen statt die Voucher. Auf dem besagten Flug nach China konnte ich mit zwei Vouchern in die First upgraden. Beim Einchecken am Zubringer-Flughafen bekam ich einen Anruf, dass das Infotainment-System auf meinem Platz nicht funktionieren würde, man können mich aber downgraden. Ich habe das abgelehnt, weil ich auf den Flügen eh maximal schaue, wo sich der Flieger gerade befindet. Zudem gehört zum First Class Erlebnis mehr als ein funktionierendes Infotainment-System.

Als ich dann meinen Platz im Flieger bezogen habe, musste ich aber feststellen, dass nicht nur der Monitor eine Fehlfunktion hatte. Die Seitenverkleidung am Platz hatte sich wohl mal gelöst und statt ein glatten Oberfläche war da eine Blase. Und direkt in meinem Blickfeld war eine sehr abgestossene Kante. Beides nichts Wildes. Wenn man aber bedenkt, dass man für ein FirstClass-Ticket zwischen 8.000 und 12.000 Euro zahlt, ist das schon ein starkes Stück. Und spricht nicht unbedingt dafür, dass man seine Kunden wertschätzt. Die Purserin hat sich bei mir entschuldigt, dass der Lufthansa das Personal fehle, solche Mängel abzustellen. Nun ja. Wozu auch abstellen, wenn der Kunde doch zahlt.

Was rät der erfahrere Vielflieger dem Neueinsteiger?

Ganz entscheidend ist die Wahl des Stammflughafens. Wer in einer Stadt wohnt, die einen eigenen Flughafen unterhält ist da im Nachteil, weil es auf der Hand liegt, dass man den nächstgelegenen Flugplatz anfährt. Wohnt man aber in der Fläche, hat man durchaus die Wahl. Der Bielefelder kann in Paderborn, Münster, Hannover oder Dortmund starten. Selbst Düsseldorf, Hamburg und Bremen sind mit vertretbarem Aufwand zu erreichen. Und auch Frankfurt kann man innerhalb von 3 Stunden Autofahrt zu erreichen. Eine Liste aller deutscher Verkehrsflughäfen findet man bei Wikipedia.

In Deutschland betreibt die Lufthansa Frankfurt und München als Drehkreuz-Flughafen. Das bedeutet, dass man von allen anderen Flughäfen in der Regel nur mit der Lufthansa nach München oder Frankfurt kommt und von dort dann in die große, weite Welt. Das Drehkreuz von KLM ist Amsterdam, von Air France eben Paris (CDG), von British Airways ist es London (LHR), von TAP ist es Lissabon, von Swiss eben Zürich, von Austrian Airlines ist es Wien, usw, usf.

Hannover (HAJ) ist sehr gut im Liniennetz angebunden. Ich erreiche direkt Wien und Zürich sowie München und Frankfurt für den StarAlliance-Teil, dazu aber auch noch Amsterdam, Paris und London (FlyingBlue/SkyTeam). Für beide Vielflieger-Programm gibt es eine Lounge im jeweiligen Terminal.

Leider ist der Security-Bereich in Hannover im Terminal A über die Jahre immer unberechenbarer geworden. Zu oft habe ich in den letzten Monaten erlebt, dass die Anzahl der Security-Spuren nicht mit den Menge der Reisenden korrelierte. Zudem hat man die FastLane für Statuskunden in ein Produkt namens HAJWAY umgewandelt. Jeder kann sich dort jetzt einen „FastLane-Zugang“ (im Übrigen aktuell noch kostenfrei) buchen. Bei mir hat das in der vergangenheit 1-2 Mal geklappt. In der Regel denke ich nicht zur passenden Zeit daran, den Dienst zu checken, der die freien Slots am Vortag des Fluges früh morgens frei gibt. In der Regel sind keine Slots mehr zu buchen. Früher habe ich keine 15 Minuten von Parkhaus zu Gate benötigt, heute ich eigentlich immer 45 Minuten vor Boarding vor Ort sein, wenn ich stressfrei meinen Flieger bekommen möchte.

In Münster (FMO) hatte ich diesbezüglich noch keine Probleme – sympathisch, dass sie die Security-Schlangen zwischen Linienflügen und Touristikflügen unterteilen, was meines Erachtens generell ein tolles Konzept für Flughäfen mit Mischbetrieb wäre. Der Flughafen von Münster bietet sich auch sehr bezüglich des Parkens an. Direkt von dem Flughafengebäude gibt es einen Parkbereich unter freiem Himmel. Allerdings fliegt nur die Lufthansa Linienflüge ab FMO und diese demnächst auch nur noch nach München.