Artikelformat

Youtube für Schlipsträger

10 Kommentare

In der Brandeins Ausgabe 2/2015 kann man einen Artikel von Michael Kneissler lesen, der mal das Thema Youtube ein wenig für die Schlips- und Kragenträger aufbereitet hat. Ich, als Youtuber, finde ich den Artikel mehr als lesenswert. Für mich zeigt er aber auch das Problem in unseren Landen. Ohne Agentur, die mitunter das mittlere Management des potentiellen Kunden mit aufgemotzten Powerpoint-Präsentationen versorgt, kommst du als Kreativer nicht wirklich weit.

Youtube-Netzwerke
Ich selbst habe von etlichen Monaten mit Mediakraft Kontakt aufgenommen. Im ersten Schritt durfte ich eine Vertraulichkeitserklärung unterzeichnen, die mir eben verbietet über irgendetwas aus dem Kontakt zu erzählen. Mich haben damals mehrere Gründe abgehalten, bei Mediakraft zu unterschreiben. Ein zentraler war die Vertragslaufzeit. Normalerweise verpflichten sich beide Seiten auf zwei Jahre. ist da in dem brandeins-Beitrag zu lesen. Unlängst habe ich mir erklären lassen, dass dies kein unüblicher Zeitraum ist, die Agenturen bräuchten allein bis zu einem halben Jahr, um den jeweiligen Kanal zu analysieren und gewinnfördernde Massnahmen einzuleiten. Meine Befürchtung war damals eben mich blind an ein Unternehmen zu binden, die ihre Pflichten nur als Absichtserklärung festhalten können.

Ein weiterer Grund, der für mich gegen ein Netzwerk spricht habe ich durch zwei andere größere Kanäle mitbekommen. Man geniesst durch ein Netzwerk bei Youtube selbst einen besseren Stellenwert, hat weitere Privilegien – auch und vor allem, was die verfügbaren Werbeformen in den Video angeht. Verlässt man nun aber ein Netzwerk oder wird von dem betreuenden Netzwerk auf die Strasse gesetzt, verliert man den entsprechenden Status bei Youtube (es sei denn man hat es zwischenzeitlich ein auch für Yt relevante Grösse zu erreichen) und läuft Gefahr, dass einem Videos gesperrt werden oder sie aber aus dem Youtube-Werbeprogramm genommen werden, was selbstredend mit sich bringt, dass YT diese Video schlechter bewertet im Sinne der Sichtbarkeit als noch zuvor. Mal ganz davon abgesehen, dass man eben mit diesen Videos keine Werbeeinnahmen erzielen kann.

Das Durchschnittsalter der TV-Konsumenten liegt bei 51 Jahren. Die ältesten Zuschauer hat der Bayerische Rundfunk (64), die jüngsten Pro Sieben (35).

Youtube vs. Instagram
Aus meiner Wahrnehmung haben viele Hersteller wie Agenturen den Stellenwert von Youtube noch nicht wirklich erfasst. Emsig schiebt man stattdessen ein enormes Budget auf das Konto von Mark Zuckerberg in der Hoffnung wenigstens ein paar der mühsam oder teuer erkämpften Facebook-Fans mögen doch irgendwie die hach-so-unterhaltsamen Postings sehen. Instagram, so habe ich mir mittlerweile anhören dürfen, wäre aktuell DAS social media Werkzeug zur Bildung von optimaler Brand- und Produkt-Awareness. Statt Like und Kommentaren ist wohl aber nunmehr die Sichtbarkeit als neue Währung erfunden worden. Soll wohl heissen, dass man einen gigantischen Wert benötigt, den man wemauchimmer weiterleiten kann. Während also mein Daumen auf dem iPhone gerade mal beim Durchscrollen des uninteressanten Bilder eben dieses auch noch halb verdeckt, freut sich die social media Abteilung, dass ihr neuer Masterwert gestiegen ist. Ebenso könnte man sich auf einen beliebigen Supermarktparkplatz stellen und zählen, welche Marken der emanzipierte Hausmann gerade in sein Fahrzeug lädt. Extrem hohe Sichtbarkeit, auch am Supermarktparkplatz.

Denn das ist das wichtigste Kapital in der Szene und auch das Unterscheidungsmerkmal zu den klassischen Medien: Youtuber berichten direkt aus ihrem Umfeld, nicht darüber. Der Kontakt zum Publikum ist eng. Hunderte kommentieren die Clips.

Was sind schon Interaktionen. Bei Instagram sehen sie zu 90% gleich aus. Der eine User tagt einen weiteren. „Horst, guck mal!“ heisst das dann übersetzt. Dem Medium geschuldet ist aber eine Interaktion zwischen Anbieter und Verbraucher ab einer bestimmten Menge von Kommentaren auch gar nicht mehr abzuwickeln. Auf Youtube hingegen, hat Google dem Netzwek eine ordentliche, wie mächtige und auch für den Betreiber des Kanals einigermassen anständig zu bedienenden Interaktionsmöglichkeit implementiert. Da könnte man als Hersteller durchaus mit dem potentiellen Kunden in den Dialog treten.

Content-Marketing-Galore
Schade finde ich auch all die vergebenen Möglichkeiten die viele – zumindest auf den Youtube Automobil-Sektor bezogen – Hersteller hinter sich lassen.

Reduzierung ist ohnehin ein Prinzip der Onlinevideos. Niemand braucht hier ein teures Studio. Gedreht wird im Büro oder zu Hause.

Wie schön und glänzend sind doch die Werbesports der Hersteller, die mitunter – im schlimmsten Fall – als ausschliesslicher Inhalt in ihrem Youtube-Kanal abgelegt werden. Den Handel unterstützen, den Kunden auf Augenhöhe abholen. Und das ohne gleich eine der fünf großen Werber ins Boot holen zu müssen. All das wäre mit Youtube möglich.

Aber das mit Facebook läuft ja gerade so gut, oder? Mein damals 14-jähriger Nachwuchs fragte mich bereits vor einem Jahr mit ungläubigem Gesicht „Papa, bist Du noch bei Facebook?“ Die Kids haben unlängst das Boot verlassen. Whatsapp und Instagram dienen zur Kommunikation, Youtube hat unlängst das Fernsehen abgelöst. Seitdem treibt mir jeder sponsored Facebook post meiner Kollegen ein breites Grinsen ins Gesicht.

den Tausenderkontaktpreis, TKP. Er beziffert, wie viel es einen Kunden kostet, 1000 Leser oder Zuschauer zu erreichen. Im Video-Markt heißt das RPM, Revenue Per Mille. Er liegt zwischen 60 Cent und 6 Euro für 1000 Zugriffe auf das Video.

Sicherlich, reich wird man mit Youtube heuer noch nicht. Da verhält es sich im Netzwerk des Videodienstes wie im wahren Leben. Nur ein paar Wenige haben das Glück (und/oder Können) genug Reichweite zu erzeugen, um mit dem mickerigen, vom Monopolisten diktierten TKP genug Taler für den Geldspeicher zu sammeln. Und wie eingangs beschrieben kommt man in unseren Breiten auch kaum an den PR-Agenturen vorbei, die selbst so beschäftigt damit sind, ihre Hand aufzuhalten, dass beim Youtuber am Ende selbst bei solchen Kooperationen wenig hängen bleibt. Youtube behält etwa 50 Prozent der Einnahmen ein. Den Rest teilen sich Mediakraft und der Creator. Auch wenn sich nur dieses Zitat nur auf die durch die Google Werbung selbst generierten Einnahmen bezieht, so wird die Agentur auch bei Produktplacements kaum weniger Anteile fordern.

Bis Dezember 2014 wurde das Video „Gangnam Style“ von PSY 2.147.483.647-mal auf Youtube aufgerufen, Weltrekord. Danach versagte der Zähler.

Bezeichnend für den aktuellen Stand der Automobil-Industrie in Sachen Youtube war für mich vor 2-3 Monaten ein Telefonat mit einer meiner Kontaktpersonen. Jan, Du musst mal wieder mehr blogger. In unserem Ranking verlierst Du an Relevanz. Tief durchgeatmet habe ich, und dann auf meine Reichweite bei Youtube gepocht. Und live aus der Youtube-Statistik Abrufzahlen, Verweildauer und demographische Daten der Clips mit den Produkten des entsprechenden Hersteller herunter gebetet. Bei der nächsten Atempause wurde ich höflich unterbrochen. ICH weiss das, aber Youtube fliesst nicht in unser Rating ein. #Neuland 2015

Abschliessend noch einmal der Hinweis zu dem lesenswerten brandeins-Artikel Geiler Scheiss.

10 Kommentare An der Unterhaltung teilnehmen

Schreibe eine Antwort

Pflichtfelder sind mit * markiert.