Ich gehe schon lange nicht mehr gern ins Kino. Mir ist das Vergnügen mittlerweile schlichtweg zu teuer geworden. Eintritt, Parken und eine Cola, da bist Du für zwei Personen mal ratzfatz 50 Euro los. Die Cine*-Paläste sind eh nicht so meins. Aber hin und wieder. Manche Filme will ich auf der großen Leinwand sehen. Am 27. August 2015 kommt mit „Straight Outta Compton“ genau so ein Film in die Deutschen Kinos. Keine große Literaturverfilmung. Keine riesige Starbesetzung. Aber der Film bringt mir ein Stück weit meine Jugend zurück.
Mitte 1989 sitze ich mitten im Herzen von Amerika. Mein Jungs zu Hause in der Heimat haben mich zum Punk hören angeleitet. In Amerika nicke ich friedlich zu den Beats, die aus dem kleinen, alten Fernseher meiner Gastfamilie brüllen, wenn ich es pünktlich zu Yo! MTV Raps geschafft habe. N.W.A. hat 1988 gerade das Album „Straight Outta Compton“ veröffentlicht. Easy-E lebt noch, ein Nachbarsjunge gibt mir eine Casette mit „Eazy-Duz-It“. Ich bin sofort angefixt.
Natürlich verstehe ich nichts von den Texten. Und wenn doch, dann verstehe ich nicht den Hintergrund der Texte. Ich bin ein Kind der 70iger Jahre. Zudem in einer Kleinstadt aufgewachsen. Multikulti gab es nicht. In meiner Schulklasse gibt es gerade mal ein Kind mit türkischen Wurzeln. Als die ersten tamilischen Flüchtlinge Anfang der 80iger Jahre in unserer Kleinstadt auftauchen – so mit Turban, bekomme ich einen Kulturschock.
An meinem ersten Schultag in den USA sehe ich so viele Schwarze wie noch nie zuvor auf einmal. Bislang kenne ich die allenfalls aus dem Fernsehen. Und in dem kleinen Städtchen Elizabethtown in Kentucky in dem ich gelandet bin, bilden sie noch eine Minderheit. Alle mir eingetrichterten Vorurteile scheinen sich erst einmal zu manifestieren. Schwarze sind gut im Sport und können prima tanzen. Ich brauche ein Weilchen, um mich an all das zu gewöhnen und meine Scheu vor dem Neuen abzulegen. „Mein erster schwarzer Freund“ ist eigentlich ein Weißer. Zumindest sehen ihn die anderen Schwarzen so. Nicht wegen seiner Hautfarbe, sondern weil er nicht dem Stereotypen entspricht. Von ihm bekomme ich im Übrigen einen Zugang zu den „Suicidal Tendencies„. Er ist vom Herzen ein Skater.
Das Austauschjahr hat mich bereichert. Und ich zehre heute noch davon. Wenn Du Dich quasi ganz alleine in der Fremde neu behaupten willst und musst, dann hilft es nicht, sich einzuigeln. Du musst auf die Leute zugehen. Und es sollte Dich nicht interessieren, welche Hautfarbe sie haben oder welchen Gott sie präferieren. Offenheit. Auch musikalisch. Meine Liebe zum HipHop ist geblieben. Und auch die Suicidal Tendencies finden immer einen Platz in meinen Playlisten. Ebenso wie Edie Brickell und R.E.M., die ich in den USA ebenfalls für mich entdeckt habe.
„Straight Outta Compton“ ist für mich also ein wenig zurück zu meinen Wurzeln des Erwachsenwerdens. Auch musikalisch. Das will ich im Kino erleben.
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