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5 Weisheiten aus 2015

2015 war für mich ein sehr bewegendes Jahr. Ich habe eine Menge interessanter und einige bittere Erfahrungen gemacht. Zudem habe ich mich in diesem Jahr wohl gleich zwei Mal für den Titel als Querulant des Jahres empfohlen. So sei es denn. Ich komme damit klar.

  1. Was immer mir wichtig ist, mache ich alleine.
  2. Es gibt immer eine zweite Chance.
  3. Wenn ich Dinge, die mir wichtig sind erkläre, denken die Leute ich rechtfertige mich.
  4. Wenn ich Dinge, die mir missfallen offen anspreche, dann denken die Leute, dass ich nur jammere.
  5. Wenn ich Überschriften zu aggressiv wähle, dann erreicht meine Botschaft die Adressaten nicht.

Ich habe Anfang 2015 das Bloggen wieder aufgenommen. Also das Bloggen in der Form, wie ich es ursprünglich kennengelernt habe. 2011 habe ich mein Wald-und-Wiesen-Blog zu Gunsten meines Autoblogs auto-geil.de aufgegeben. Das war damals kein Fehler, aber ein Fehler war es rückblickend das reine Bloggen zugunsten dem Schreiben von SEO-optimierten Fahrberichten und dem Umschreiben von Pressemitteilungen hintenan zu stellen. Es hat zwar 2 Jahre ganz vortrefflich gut funktioniert, danach hat es mich aber mehr als angeödet. Nun muss die Deinen Lebensunterhalt finanzierende Arbeit nicht 100% Spass machen, aber wenn man selbstständig ist und mehr Zeit mit der Arbeit verbringt als mit jeder anderen Tätigkeit, dann sollte man es mit Herzblut und auch mit Vergnügen betreiben. Fredericken ist der notwendige Schritt zurück. Hier schreibe ich keine Werbeartikel, sondern Texte, die mir Spass machen. Ich formuliere Gedanken, die mich bewegen. Und ich schere mich nicht einen Deut darum, die das Blog bei Sistrix rankt oder wie sich die Anzahl der unique user entwickelt. Fredericken ist mein virtuelles Refugee Camp geworden und ich mag es. Fredericken war eine der besten Entscheidung in 2015, die ich getroffen habe.

Was immer mir wichtig ist, mache ich alleine.

Und das spielt auch schon in die erste Weisheit mit hinein. Ich arbeite gerne mit anderen zusammen. Es ist famos, denn ich halte mich eigentlich für einen guten Teamspieler. Bloss hat dies das Team in der Regel ganz anders gesehen. Man muss aus seinen Fehlern lernen. Sonst kommt man ja nicht weiter. Ich habe also erkannt, dass ich kein guter Teamspieler bin. Das muss ja nicht heissen, dass ich nicht mehr mit anderen kooperieren kann. Aber es heisst, dass ich immer mein Ding alleine durchziehen muss. Weil ich eben sehr genaue Vorstellungen von dem habe, was ich erreichen will.

Es gibt immer eine zweite Chance.

Ich habe es 2015 geschafft, ein paar mir sehr wichtige Türen mit einem lauten Knall zuzuschlagen. Das ist mitunter wenig clever und selbstredend auch hoch unprofessionell. Wenn man nun aber seit 44 Jahre ein hochemotionaler Dickschädel ist, dann kann man das auch nicht mal eben von heute auf morgen ändern. Schön ist aber, ich lerne immer noch. Und ich erkenne auch zunehmend, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Das ist nicht einfach, mich wieder vollkommen frei zu machen, wenn ich mich erst einmal sehr ungerecht behandelt gefühlt habe. Aber ich weiss mittlerweile damit zu arbeiten. Und so haben sich in diesem Jahr auch ein paar Türen wieder geöffnet, die ich einst zugetreten habe. Es ist sehr beruhigend zu wissen, dass man doch immer wieder eine zweite Chance bekommt. Wichtig ist wohl, diese nicht einfach zu vertun. Zudem hat es mich gelehrt auch anderen eine zweite Chance zu geben.

Wenn ich Dinge, die mir wichtig sind erkläre, denken die Leute ich rechtfertige mich.

Ich mag Transparenz. Und es ist für mich durchaus eine ziemlich große Herausforderung auf der einen Seite so transparent wie möglich sein zu wollen, auf der anderen Seite aber als Selbstständiger einen Businessplan zu verfolgen, den man eben nicht komplett offen legen möchte. So habe ich im scheidenden Jahr im Rahmen meines Youtube-Projektes Ausfahrt.tv angefangen ein neues Unterformat zu publizieren. Bei den „Ausfahrt.tv x“-Videos erkläre ich meinen Zuschauern ein wenig, wie das Business, in dem ich mich bewege, so läuft. Ich erkläre hin und wieder, warum etwas nicht so einfach umzusetzen ist, wie sich das mancher Zuschauer wünscht.

Als Beispiel: Es wird immer mal wieder gefordert oder gewünscht, dass wir mehr Eindrücke im Nachtbetrieb bringen. Das Ambientlight eines Autos zeigen oder auch das Fahrlicht. Also habe ich ein paar Mal erklärt, warum das nicht so einfach ist, wie die Zuschauer sich das vorstellen. Gerade in den Sommermonaten wird es ja immer recht spät dunkel und sehr früh wieder hell. Und ich kann und vor allem will auch nicht ständig mit einer Kamera durch die Gegend laufen. Irgendwann ist auch mal Feierabend und da soll dann auch wenigstens ein Hauch von Zeit für die Familie und Freunde sein. Zumal – auf den Presse-Fahrveranstaltungen haben wir die Fahrzeuge nur selten während der Dunkelheit im Zugriff.

Solche Dinge erkläre ich eben kurz und denke „Prima! Jetzt wissen alle Bescheid …“ Und bekommen dann aber die Rückmeldung, ich müsse mich doch nicht rechtfertigen. Aha? Das wird also für 2016 ein Thema sein, mit dem ich ein wenig rumexperimentieren werde.

Wenn ich Dinge, die mir missfallen offen anspreche, dann denken die Leute, dass ich nur jammere.

Ich kann weiterhin nicht verhehlen, dass ich als verlagsunabhängiger Online-Multiplikator im Automotive-Umfeld nur bedingt glücklich mit der Werbegelder-Verteilung der Automobil-Industrie bin. Meine Gedanken zu eben diesem Thema habe ich Anfang Mai diesen Jahres im Beitrag „Der deutsche Autoblogger, das possierliche Marketing-Äffchen“ niedergeschrieben. Mit 73 social signals war es wohl auch der am Meisten gelesene Artikel in diesem Blog, das Feedback ausserhalb der Blogosphäre hat mich dann aber doch ersthaft verwundert. „Jammere nicht!“ hiess es da von vielen Seiten! „Das ist doch eher ein Thema für ein 4-Augen-Gespräch“ meinten auch mehr als eine Handvoll Leute.

Ich denke, es ist ein deutsches Phänomen unserer über so lange Zeit ordentlich kultivierten Neid-Kultur, dass man solche Themen wohl wirklich nicht öffentlich diskutieren darf. Nur interessieren mich die gesellschaftlich Normen an dieser – wie auch an vielen anderen – Stelle(n) so herzlich gar nicht. Wenn ich es Recht überlege, dann freue ich mich sogar rückwirkend über die Kommentare, die da seitens der klassischen Journaille kamen. „Wenn Du kein / ein schlechtes Business-Modell hast, dann such Dir einen richtigen Job!“ las ich da ich unterschiedlichen Varianten. Der Witz an diesem ganzen Artikel war in der Tat, dass ich ihn aus einer sehr komfortablen Situation heraus geschrieben habe. Ich würde doch niemals mit dem Rücken an der Wand stehend auf irgendwelche Missstände hinweisen, in der Hoffnung, dass sie meine Lage dann verbessern würden. Aber gut. Ich habe das jetzt verstanden, wie solche Beiträge da draussen ankommen. Und ich habe für mich festgehalten, dass mir das herzlich egal ist.

Wenn ich Überschriften zu aggressiv wähle, dann erreicht meine Botschaft die Adressaten nicht.

In meinen Augen ging es 2015 mit den etablierten Medien richtig bergab. Für mich ist das nicht weiter schlimm, denn es heisst im Umkehrschluss nur, dass wir verlagsunabhängigen Publizisten davon nur profitieren können. Jüngst feierte sich der Focus selbst ganz ausserordentlich, weil er nun mehr Online-Reichweite produziert hat als die Bild. Der Preis, den die Großen da gerade gewillt sind zu zahlen, ist erschreckend hoch. Click-baiting war für mich der abschreckenste Trend in 2015 und der Focus meines Erachtens auch ganz vorne dabei. „Dieser Mann stellte sich ein Bein und dann geschah das unmögliche …“ oder „Eine Frau wollte ein Kind von einem Hai, aber sie bekam etwas unglaubliches …“ Ja. Zugegeben. 2015 hat das wohl noch einigermassen gut funktioniert, aber selbst die dummen Mitmenschen werden darauf 2016 keine Lust mehr haben. Die Gebildeten sollten diesen Medien-Marken längst den Rücken zugewendet haben. Und das wird sich dann auch bald rächen, denn die Werbeschaltenden wollen ja in der Regel mit ihrer Werbung die gut gebildeten, besser verdienenden mit ihren Anzeigen erreichen.

Im Oktober habe ich bei MobileGeeks einen Artikel verfasst. Die Überschrift war schon reisserisch, aber dann auch wieder grundehrlich gewählt: Leute, die Werbeblocker einsetzen, finde ich asozial. Für den Artikel habe ich von vielen Seiten „richtig auf die Fresse bekommen“. Zu Recht, wie ich heute weiss. Denn die Überschrift hat es nicht zugelassen, dass sich die Leser wirklich mit dem Text auseinander gesetzt haben.

Aber selbst diejenigen, die es getan haben, zeigen mir, dass es die etablierten Medien immer schwerer haben werden. Das Internet ist umsonst! Basta. So denken viele. Und es ist für die Leute da draussen nicht umsonst, sondern sie bezahlen ja Geld, um mit ihrem Provider online zu gehen. Das verstehen viele als Pauschale mit dem auch der Konsum von jeglicher Form von Inhalten abgegolten ist. Werbung empfinden die meisten als lästig und störend. Ich frage mich dann doch immer wieder, wovon eben diese Menschen leben. In der Regel werden sie für eine Firma arbeiten. Diese Firma wird Produkte schaffen oder verkaufen. Diese Produkte müssen beworben werden, damit sie sich verkaufen.

Ein in meinen Augen sehr schönes Beispiel, wie wirr die Denkweise mancher Menschen mittlerweile geworden ist, zeigt ein Nachzügler mit seiner Kritik zu meinem MobileGeeks-Beitrag. Toms Wochenschau wird bei WordPress kostenlos gehostet. Um dieses kostenlose Angebot ansatzweise gegenzufinanzieren, werden in diesen kostenlosen Blogs seitens WordPress Werbeanzeigen eingebettet. So weit, so gut. Der anonyme Kollege schreibt dort: „Die Hirnfickbranchen-Abhängigen können lamentieren und jammern wie sie wollen. Mein Werbeblocker bleibt an. Punkt.“ Der Kollege publiziert also auf einer kostenlosen Plattform, die sich mit Mitteln der „Hirnfickbranche“ refinanziert. Da muss ich schon ein wenig lächeln.

Mit einem anderen Zitat aus seiner Tastatur möchte ich mich aber durchaus gerne befassen: „Was die Pressefreiheit anbelangt, so ist diese gewiss nicht durch Werbeblocker gefährdet, sie wird durch jenen “Journalismus” beerdigt, der sich nur noch als Vehikel von Werbecontent versteht.“ Ich stimme der Aussage in Teilen zu. “Journalismus”, der sich nur noch als Vehikel von Werbecontent versteht. Hier komme ich wieder gerne zurück auf den von mir erkannten Abwärtstrend. Wenn „wir Kleinen“ die Werbeblocker anprangern, dann ist es eigentlich mehr als niedlich, setzen wir Werbeanzeigen doch eher sorgsam und behutsam an. Schaut man hingegen auf die großen Publikationen, so denkt man fast, es gäbe kein Morgen mehr. Vermutlich, um die wegbrechenden Werbegelder aus den Papierpublikationen zu kompensieren, pflastern viele große Medien ihre Seiten so pervers mit Werbung zu, dass man kaum noch Content erkennen kann. Clickbaiting auf der einen Seite, Klickstrecken auf der anderen Seite. Selbst neue Medien wie beispielsweise die Gründerszene arbeiten mit Klickstrecken, die Klick für Klick eher marginale Informationen bieten, wohl aber zum Anreichern der Reichweite allenfalls gut genug sind.

So führt das aggressive Einsetzen von Werbung auf den Internetseiten der Großen wohl nur dazu, dass noch mehr Leute sich genötigt fühlen, Adblocker einzusetzen. Ich will gar nicht darauf eingehen, dass Adblocker in meinen Augen nichts weiteres als eine moderne Form von Erpressung darstellen. Die Großen wagen sich da in einen gefährlichen Strudel. Mehr Werbeblocker-User bedeutet nur, dass sie noch mehr Page-Impressions auf zweifelhafte Art und Weise heranschaffen müssen. Ein Teufelskreis, bei dem alle, aber meines Erachtens allen voran die großen Publikationen, verlieren werden. Und auch die Werbenden scheinen mit blickfesten Scheuklappen durch die Gegend zu laufen. Just vor Weihnachten hatten sowohl die AMS als auch die Autozeitung eine Mercedes-Werbung auf er Seite, die den eigentlichen Inhalt per Ainmation versteckt hat, um dann vollflächig im Browser-Fenster die Werbeanzeige zu zeigen. Glauben die Werbe-Strategen aus Stuttgart denn wirklich, dass man so potentielle Kunden für sein Produkt begeistern kann? Gut. Mit meiner Überschrift damals habe ich diese ganze Problematik nicht wirklich vermitteln können. Dumm von mir.

Aber vielleicht bekomme ich es dann im nächsten Jahr besser hin. Aus den Fehlern lernen ich soll.

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