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Wenn Dich die Passion an deinem Herzblut-Projekt verlässt? McLaren!

Ich lade Dich hier und heute gerne ein, an meinen erste-Welt-Luxus-Problemen teilzuhaben und deine Lebenszeit damit zu verschwenden, mich auf extrem hohen Niveau jammern zu hören. Immerhin, ich verspreche ein überraschendes Happyend. In der Aussenansicht habe ich ein absolutes Luxusleben. Besser, ich lebe den Traum vieler junger und alter Männer da draussen. Jede Woche bekomme ich fast nagelneues Auto. Vier Fahrzeuge im Monat minimum, denn ganz nebenbei fliege ich ja noch in der Welt herum und darf die neusten Fahrzeuge der Hersteller und Importeure bewegen.

Stets geht es darum möglichst neutral und informativ einen Neuwagen vorzustellen. Und das Ganze natürlich gut gelaunt. Muffeln guckt niemand gerne zu. Und trotzdem doch bitte authentisch. Nun habe ich mir als Muffel der Nation vielleicht nicht ganz den passenden Job ausgesucht, aber dafür bin ich über nunmehr 5 Jahre doch ganz erfolgreich. Sicherlich könnte ich deutlicher erfolgreicher sein. Einfach nur noch Luxus- und Sportwagen zeigen. Das funktioniert deutlich besser als Brot- und Butterautos (mit einem Blick auf die aktuellen Neuwagenpreis dürfen wir bei diesem Ausdruck doch heute zumindest mal laut glucksen). Aber nicht zuletzt aufgrund eines latent schwelenden Helfersyndroms mag ich tatsächlich den Aspekt, dass ich anderen Personen bei der Auswahl ihres nächsten Fahrzeugs dienlich sein kann. Und da bewegen wir uns bei den bezahlbaren Autos. Wobei ich heuer immer noch keine Ahnung habe, was das eigentlich ist.

Also versuchen wir bei Ausfahrt.tv eine gesunde Mischung zu finden. B-Segment Kleinwagen bis zur Luxusklasse Limousine. Gemeinhin möchte man denken, dass die sportlichen und luxuriösen Auto deutlich mehr Spass machen als die Kleinwagen fürs kleine Portemonnaie. Aber dann. Ist es doch alles Arbeit. 6 Autos durchschnittlich im Monat, macht 72 Autos im Jahr, ergibt 360 Fahrzeuge in 5 Jahren. Teilweise drei Fahrzeuge die Woche. Ihr versteht schon, worauf ich hinaus will? Eure Tränendrüse zuckt auch schon? Es nutzt sich etwas ab. In manchen Wochen mutiert es zu Fliessband-Arbeit. Wenn Du am Ende der Woche Dich nicht mehr erinnern kannst, welches Auto Du am Anfang der Woche gedreht hast, dann läuft etwas falsch. Ich komme nicht umhin, eine gewissen Lustlosigkeit festzustellen. Wenn ein 2017 Porsche Panamera 4 E-Hybrid Sport Turismo Dir nicht wenigstens jeden Morgen ein Lächeln auf die Lippen zauberst, hast Du definitiv ein Problem. Das hilft auch das Erden im 1995 Opel Corsa B nichts mehr.

Glücklicher Weise hat mich das große Abstumpfen pünktlich zum Jahresende 2017 gepackt. Ich habe es amüsiert zur Kenntnis genommen. Mit der gesunden Arroganz eines selbstbewussten Mannes, der sich selbstreflektierend einzuschätzen weiss. Jahresende, Baby. Abstumpfen, Du kannst mich mal. Denn: Neues Jahr, neues Glück. Wirklich immer wieder faszinierend, wenn Du Dich so richtig selbst verarschst. In meinem Fall wandert der Zeiger am 31.12. zum zweiten Mal über die 12. Korken knallen. Böller auch. Hoch die Gläser! Hallo neues Jahr! Und das Abgestumpfte? Ist natürlich noch genauso präsent wie vor dem großen Paukenschlag. Selbstbetrug gescheitert. Verdammt. Das Jahr beginnt. Und kurzzeitig ist alles vergessen, denn einer der letzten 2017 Subaru Impreza WRX STI 2.5 Sport steht noch zwei Tage vor der Tür und erinnert daran, dass Autofahren wirklich Spass machen kann.

Testwagen kommen, Testwagen gehen. Einige interessant, andere weniger. Jedes Auto wird vorgestellt, in der im Rahmen meiner Möglichkeit liegenden Professionalität. Irgendwann kommt der Anruf. Der McLaren 570 S Spider für eine Woche nach Bielefeld? Interesse? Ich hätte mir beim Kopfnicken fast den Hals verrenkt. Ich bin schon 2013, ganz am Anfang von Ausfahrt.tv, den McLaren MP4-12C Spider gefahren. Für mich ein vollkommen unvollkommenes Fahrerlebnis. Ein bisschen giftig. Brutal in der Beschleunigung. Eigenwillig im Innenraum. 2014 dann den Mclaren 650 S Spider. Quasi als Reinkarnation meiner ersten Erfahrungen. Deutlich mehr gefahrene Kilometern in einem deutlich fertigeren Auto. Chronisches Dauergrinsen im Hinterkopf. Letztes Jahr den McLaren 540, da ist beim Video-Dreh leider alles falsch gelaufen. Der Einstieg-McLaren hingegen macht eine feine Figur, fahren kann man ihn komfortabel. Oder man lebt seinen kritischen 10 Minuten voll aus. Und jetzt steht eine Woche lang – quasi als Geburtstagsgeschenk für mich – der 2018 McLaren 570S Spider.

Der Kaufpreis ist für unsereins eine gerade mal ziemlich bizarre Zahl. Etwa 250.000 Euro stehen 7 Nächte in meiner Auffahrt. Aber darum geht es nicht. Es geht um den Moment, bei dem du auf den Startknopf drückst und der 3.8 Liter V8-Biturbo-Mittelmotor Dir gefühlt direkt ins Rückenmarkt brüllt. Eigentlich fängt es einen Augenblick vorher an. Wenn Du den versteckten Taster an der Tür drückst und Du die Tür wie ein Segel nach oben öffnest und elegant in den Fahrersitz gleitest. Willkommen wirst von Alcantara und ein wenig Leder. Den Hebel links am Lenkrad zu Dir hinziehst, damit Sitz und Lenkrad in Deine Wunschposition gebracht werden. Allein das lässt mich in einer Intensität grinsen, dass ich ansatzweise Kopfschmerzen bekomme. Dann kommt der Motor und das Rückenmark. Einmal den D(rive) Knopf gedrückt und die Flunder lässt sich von der Ausfahrt auf die Strasse dirigieren (Uhm, ok, und einmal zurücksetzen, weil der Wendekreis doch ein wenig größer ist als beim Corsa oder BMW X3). Im Kriechgang durch die 30-Zone und dann möglichst schnell raus aus der Stadt (obschon die Reaktion der Mitbürger auch in der Stadt ausschliesslich positiv sind. Warum auch immer, ein McLaren scheint keinen Sozialneid zu schüren, wohl aber sind die Langschläfer unter den Nachbarn vom morgendlichen Anbrüllen nicht ganz so angetan. Aber hey, das Baby kann leider nicht leiser).

Der McLaren schafft 320 km/h in der Spitze. Aber selbst nachts sind die Autobahnen um Bielefeld selten wirklich frei. Brachial ist die Beschleunigung. Bei 3.2 Sekunden aus dem Stand auf 100 unter Idealbedingungen ist man schon auf Motorrad-Niveau unterwegs. Auch die 200 km/h lassen nicht lange auf sich warten (Alle technischen Daten zum McLaren 570 S Spider bei Ausfahrt.tv.). Die Winterreifen begrenzen den Spass dauerhaft auf 240 km/h. Aber es ist nicht mal der Topspeed. Es ist die geniale Verbindung aus Sound, brachialer Leistung und dem durch und durch spassigen Handling. Die Sitzposition – quasi direkt auf der Strasse – vermittelt Go-Kart-Feeling: In der Stadt glänzt der Sportler vollkommen unvermutet mit einer komfortablen Fahrwerk-Einstellung, ausserhalb legt man die Schalter für Powertrain und Handling auf Sport und aktiviert das Setup. Schwups wird alles bissiger. Bei hohen Geschwindigkeiten liegt er satt auf der Strasse. Bei kurvigen Strassen lässt er sich spassig durch die Strassen lenken. Will it drift? Bestimmt, aber das gehört nicht zu meinen Disziplinen.

Der McLaren zeigt sich wieder ein Stückchen perfekter als seine Vorgänger, ohne dabei den Charme des Rohen zu verlieren. Und er macht glücklich. Es müsste ihn eigentlich auf Rezept geben. Nun denn. Ich durfte zumindest mal am Honigtopf naschen. Und es hat mir eine ganze Menge Freude bereitet. Und mich von der Kalkschicht befreit, die sich um meine Passion gebildet hat. Aktuell fahre ich einen Seat Alhambra. Ein wundervolles Fahrzeug mit jeder Menge Platz für eine Familie. Ich finde ihn für seinen Einsatzzweck wirklich gut. Genau wie den Mclaren. Der mir geholfen hat, den Blickwinkel wieder auf das Wesentliche zu legen. Das ich Autos einfach mag. Luxusproblem mit Luxusobjekt behoben. Kann man machen! Und da schrieb doch neulich ein Zuschauer, ich sollte nicht abheben. Tzzzzz.